Meine Reise zwischen Paradies und Nichts

Hallo ihr Lieben,

ich melde mich jetzt also von meiner Reise. Jetzt bin ich mit einer Art Fernbus unterwegs, nennt sich Greyhound. Er fährt drei Mal am Tag die Ostküste entlang und hält an jedem dicken Baum. Man sieht auf jeden Fall das ein oder andere. Nachteil ist halt einfach ganz klar, es dauert relativ lange. Und man kann nicht anhalten, wenn man an einem schönen Ort vorbeifährt. Das ist wirklich schade. Aber das ist der Preis, den man zahlt. Ist nun mal so. Was mich aber am meisten nervt ist eigentlich die Dichte an 18-jährigen Deutschen nach dem Abitur. Die meisten kommen gerade aus Sydney (Deutschen Hochburg) und reisen im Rudel die Ostküste hoch. Ganz schrecklich. Ich weiß, ich weiß. Ich gehöre ebenfalls dieser Spezies an. Aber der Unterschied ist immerhin, dass ich nicht durch meine Eltern finanziert werde, ich Deutsche und damit Isolation meide (wofür bin ich denn in Australien?! Doch nicht um beschissenes Deutsch zu sprechen), und ich vor allem die rosarote Brille abgelegt habe. Ich tue dann immer so, als würde ich sie nicht verstehen und halte mich fern von ihnen.

Auf meiner ersten Fahrt mit dem Greyhound Bus, wir waren mitten auf dem Highway, geht auf einmal ein Alarm los. Ein richtig nerviges Pieeep pieeep pieep, wie aus dem Bilderbuch. Und es hörte nicht auf. Das Problem an dem Geräusch war eher, dass niemand wusste, woher es kam. Es hätte alles Mögliche sein können. Unsere zwei Busfahrer fingen also an, den Bus abzusuchen. Inzwischen standen wir auf dem Highway. Es war, wie eine Schnitzeljagd. Alles wurde mal an und aus gemacht (das hatte den Vorteil, dass auch das WLAN rebootet wurde. Danach hat es nämlich funktioniert). Aber der Übeltäter wurde nicht gefunden. Man fährt mit so einem Geräusch natürlich auch nicht weiter. Denn es könnte ja tatsächlich etwas Wichtiges sein. Im Endeffekt kam dann jemand auf die glorreiche Idee, mal beim Unternehmen anzurufen, und zu fragen. Überraschenderweise wussten die auch nichts. Wir wurden dann weiter geleitet. Irgendwann kam dann raus, es war die Kamera an der Rollstuhlrampe, die einen Wackelkontakt hat. Da kam man gerade aber nicht dran. Toll. Also ging es weiter mit dem Geräusch. Mich hat es nicht wirklich gestört. Ich fand es eher unterhaltsam. Ich war aber auch nicht die ganze Nacht mit dem Geräusch unterwegs. Denn für mich hieß der nächste Stop Newcastle.

Newcastle ist die zweitgrößte Stadt New South Wales, nach Sydney. So. Jetzt erwartet man sonst was. Insgesamt gibt es in dem Ort tatsächlich ein Hostel und es wirkt sonst auch eher verträumt mit Kleinstadtcharakter. Aber es ist wirklich schön. Ganz tolle Strände, tolle Wanderwege und Millionen Stellen, an denen man Surfen kann. Ich habe besonders Gefallen daran gefunden, oben an den Klippen zu stehen und einfach den Menschen am Strand zuzuschauen. Was sie machen, wo sie hingehen, den Surfern. Das ist wirklich interessant.

Newcastle ist wirklich sehr schön. Viele Leute aus Sydney haben ein kleines Beachhaus, um am Wochenende dem Getummel der Großstadt entfliehen zu können. Es gibt also nicht wirklich viel zu sehen, aber schöne Strände zum entspannen.

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Blick vom Strand Newcastle auf die rauen Felsen
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Borgey whole – ein verlassenes Naturschwimmbad handgemacht von Gefangenen, auf Grund der heftigen Wellen aber zum schwimmen viel zu gefährlich

Was den Ort für mich allerdings geprägt hat, war eine Frau im Hostel. Sie kam nämlich nicht vom Hochbett runter. Ich dachte erst, sie macht Scherze. Aber in der Tat. Wir haben mit zwei Leuten eine halbe Stunde versucht, sie vom Bett zu kriegen. Ohne Erfolg. Der Hausmeister konnte auch keine Leiter auftreiben (ja, am Hochbett war auch eine Leiter. Aber das hat nicht funktioniert). Aber mal ernsthaft. Welche Jugendherberge hat keine Leiter. Irgendwie müssen die doch die Glühbirnen wechseln. Das kann doch nicht sein. Obwohl, da fällt mir ein, in Australien dürfen nur Elektriker eine Glühbirne wechseln. Komisches Gesetz. Aber so ist es. Von daher ist das mit der Leiter vielleicht doch wahr.

Im Endeffekt haben wir sie dann runter gehoben. Mit vier Leuten. Das werde ich niemals vergessen. Sie hat dann ein anderes Zimmer bekommen. Das war also der prägnanteste Eindruck aus Newcastle.

Dann ging es für mich weiter nach Coffs Harbour. Mein erstes Problem war vom Fernbus zum Hostel zu kommen. 50 Minuten zu Fuß, im Hostel geht keiner ans Telefon. Sonntagnachmittag. Na fantastisch. Dann habe ich mich mal etwas schlau gemacht. Und tatsächlich. Hier fährt vier Mal am Tag ein Bus. Infrastruktur! Soetwas fantastisches. Ich war begeistert. Also 1,5 Stunden gewartet und ab die Post.

Mein Hostel war dann erstaunlicherweise eher eine Bar und ein Bistro, the Place to be in Coffs Harbour. Einem kleinen Kaff. Ich befand mich also direkt im Partypoint der ganzen City. Als ich dann mit all meinem Gepäck unter amüsierten Blicken zur Bar bin, habe ich gefragt, wie viel im Moment los ist. Von 100 Plätzen sind ganze 8 belegt. Jawohl. Also ausgestorben. Und so war es dann auch. Aber es ist sehr, sehr nett. Die Leute, die hier leben arbeiten auf Farmen für ihr Second Year Visa. Um ein Jahr länger bleiben zu können, muss man nämlich mindestens 88 Tagen unter bestimmten Bedingungen auf einer Farm gearbeitet haben. Und das machen viele hier. Deswegen wohnen die meisten wirklich hier. Seit mehreren Monaten. Verzweifelt, ihr zweites Jahr zu bekommen.

Das ist etwas, was ich nicht verstehe. Viele Backpacker versteifen sich so darauf, ein zweites Jahr bleiben zu wollen. Die Regeln, diese 88 Tage arbeiten zu können, sind relativ kompliziert und die Plätze heiß begehrt. Deswegen werden viele Backpacker ausgenommen. Regelrecht missbraucht. Aber sie wollen unbedingt hier bleiben. Ich verstehe es nicht. Sie verschwenden dann mehr als ein halbes Jahr ihres ersten Jahres damit, ihre Farmarbeit zu machen, um ein zweites Jahr bleiben zu können. Es gibt so viele andere Orte in der Welt. Wenn sie die Zeit hier wirklich nutzen würden, wäre das genug. Aber die sind gerade zu versteift darauf, Farmwork zu machen. Ich weiß nicht. Vielleich möchte ich es auch einfach nicht verstehen. Ich werde mich auf jeden Fall nicht so ausnehmen lassen. Zudem reicht ein Jahr für mich. Das ist mehr als genug.

In Coffs Harbour ist nicht wirklich was los. Ich bin hier am Strand lang, habe mir das ein oder andere angesehen, und bin an einem Rentner am Fluss hängen geblieben. Er hat geangelt. Ich habe ich zu ihm gesetzt und einfach zugeschaut. Ich habe dann mitgeangelt. So saßen wie vier Stunden nebeneinander. Haben hier und da mal über das ein oder andere gesprochen. Haben auf die Geräusche der Umwelt gehört. Und einfach die Zeit genossen. Mitten im Nichts. Das war eine sehr australische Erfahrung. Und ich habe es genossen. Dies war etwas, das ich nie erfahren hätte, wenn ich nicht alleine unterwegs gewesen wäre.

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Mein Angelbuddy

Ansonsten gibt es hier die schönsten Sonnenuntergänge, die ich je gesehen habe. Es ist einfach unglaublich. Der Himmel färbt sich orange, rot und lila. Das Wasser am Strand reflektiert die leuchtenden Wolkenformationen. Die Berge leuchten mit. Es sieht so unglaublich kitschig aus. Aber es ist wunderschön. Es fehlt nur noch, dass ein Einhorn mit Flügeln vorbei hopst.

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Sonnenuntergang am Creek (Wasserloch)
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Creek tagsüber

Ich mache mich jetzt auf den Weg ins Surfcamp. Vier Tage im Nichts, surfen und Lagerfeuer. Ich bin gespannt.

Bis dahin, macht es gut!


Ein Gedanke zu “Meine Reise zwischen Paradies und Nichts

  1. Hey,
    bin grade zufällig auf deinen Blog gestossen und wollte dir einfach nur mitteilen, dass ich deinen Schreibstil und deinen Blog allgemein echt cool finde. Ich bin zur Zeit in Coffs Harbour und arbeite auch in einem bavarian restaurant!
    Gute Reise noch und viel Spass 🙂

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