Faszination Outback

Hallo ihr Lieben,

heute schreibe ich euch aus dem Outback. Das war nun etwas, das ich mehr oder weniger spontan gemacht habe. Irgendwie hatte ich eine Woche Luft, bevor es weiter geht mit meiner Reise. Und dann habe ich überlegt, was ich da machen könnte. Ist halt eine gute Frage. Die Antwort war dann Outback. Das passte gut und ich finde es unheimlich interessant.

Es ging dann also los nach Alice Springs, ohne wirkliche Erwartungen. Ich hatte mich nicht ausreichend mit der Materie beschäftigt. Alice Springs selbst ist auch nicht der Hammer. Aber, erstaunlicherweise gibt es ganz viele Geschäfte, die man überall an der Küste findet. Es ist auch nicht sonderlich teuer. Es wirkt, wie eine ganz normale Stadt. Schwer vorstellbar, dass man sich eigentlich mitten im Nichts befindet. Mindestens 500km bis man wieder größere Zivilisation findet. Und das auf mehr oder häufiger weniger bis gar nicht befestigten Straßen. Und trotzdem. In Alice Springs tobt das Leben. Hust. Aber eigentlich ist es ganz nett.

Für mich ging es dann am nächsten Tag weiter. Die anderen wurden größtenteils schon vor fünf abgeholt. Ich erst nach sechs. Ich konnte richtig ausschlafen. Fast. Witziger Weise hatte ich auch von meiner Tour überhaupt keine Ahnung. Sie wurde mit von einer Freundin empfohlen (sie hat übrigens auch einen Blog und ist gerade in Neuseeland. Es lohnt sich, schaut mal rein). Und ich vertraue meistens auf Empfehlungen. Es kam ein Bus nach dem anderen. Meistens eher baufälligere Modelle, von denen man nicht denken würde, dass sie im Outback unterwegs sein würden. Aber auf den Hauptstrecken so nach Uluru und Umgebung kann auch ein Rollator fahren. Wäre zwar etwas warm und weit, aber alles perfekt geteert. Trotzdem fand ich unseren Bus dann schon schicker. Eine Art Lkw. Höher gelegt, mit Allradantrieb und da wo, sonst die Ladefläche ist eben Sitze. Meine Mutter würde sagen: ‚Ein scharfes Gefährt!‘

Beim ersten Blick war mir klar, ich senke den Altersdurchschnitt etwas. Ich würde mal sagen, Generation meiner Eltern eher. Aber eine amüsant anmutende Truppe insgesamt. Und dann ging es los. Erste Erkenntnis. Man denke, dass Alice Springs und der Uluru eng beieinander sind. Falsch gedacht. Definitiv nicht. Man fährt von einem zum anderen sechs Stunden. Das ist im Outback zwar keine Entfernung. Aber schon ein gutes Stückchen. Und auf dem Weg ist nicht viel. (Man muss sich mal vorstellen, wenn man in Deutschland sechs Stunden lang rumfährt, wo man da überall vorbei kommt, mal zum Vergleich). Aber, wir sind ja auch bei gewissen Dingen vorbei gekommen. Beispielsweise einer Kamelfarm.

So, jetzt die Frage. Was machen Kamele in Australien? Erstaunlicherweise gibt es relativ viele Kamele. Um genau zu sein, die größte wild lebende Population. Ungefähr 300 000 wilde Kamele leben im Outback. Sie werden sogar nach Saudi Arabien exportiert. Wie kommen denn Kamele bis nach Australien? Gute Frage. Der Mensch hat da mal wieder etwas in die Natur eingegriffen.

Kurzer Geschichtsexkurs. Nachdem die Engländer in Australien eine Strafkolonie eingerichtet hatten, begann Australien langsam zu wachsen. Siedler kamen. Problem? Australien war nicht wirklich mit der Außenwelt verbunden. Wenn man von Sydney oder Melbourne eine Nachricht nach England schicken wollte, dauerte das oft ewig. Denn Schiffe brauchten nun mal ihre Zeit. Das musste irgendwie schneller gehen. Ziel war, von Adelaide nach Darwin, also einmal gerade durchs Outback von Süden nach Norden eine Telegrafenlinie zu bauen. Denn von Darwin aus konnte man ein Telegraf nach Singapur schicken. Und von da aus ging es weiter in den Rest der Welt. Die Strecke Adelaide Darwin war also auf einmal von großem Interesse.

Allerdings hatte sich bis jetzt kaum jemand in die rote Hölle gewagt, ohne total verrückt oder gar nicht mehr hinaus zu kommen. Das Inland war also fast komplett unerforscht und von Europäern unberührt, sowie gefürchtet. Es mussten sich also Menschen auf den Weg machen, um das Outback zu erforschen. So, welche Transportmöglichkeit gab es damals, mit der man zuverlässig durch die Wüste kam? Kamele. Was sonst. So nahmen die ersten Entdecker Kamele mit auf ihre Expeditionen. Clevere Idee. Oft geschah es, dass die Unternehmung nicht oder nur minder erfolgreich waren. Manchmal liefen Kamele weg, manchmal wurden sie freigelassen. Ihnen gelang es, sich ans Outback anzupassen. Und vermehrten sich, wie die Kanickel. Übrigens ist das Red Center, wie es heißt, gar keine Wüste. Ob man es glaubt oder nicht, es regnet zu viel. Ungefähr 350mm im Jahr. Wüsten haben unter 100mm. Wir haben auch mehrfach regen erlebt. Aber immer nur kurz und wenig. Und zehn Minuten später sieht man davon auch nicht mehr so viel. Es kommt aber tatsächlich vor, dass Straßen geflutet werden. Der Boden ist so hart und trocken, dass Wasser nur langsam versickern kann. Es dauert dann eine halbe Stunde, und schon ist der Weg wieder frei.

So dann ging es weiter. Dafür, dass wir im Herbst haben, ist es immer noch verdammt warm. Ich bin zerflossen. Aber Menschen, die länger dort sind, fanden es abends echt frisch (während ich in kurzen Sachen immer noch am Schwitzen war). Es ist halt auch eine Gewöhnungssache.

Wir haben dann auch ein wirklich amüsantes Spiel gespielt. Wer als erstes Uluru spottet, bekommt ein Eis. Und dann ging es auch schon los. Ein paar Km weiter ruft der erste Uluru. Ich saß zu diesem Zeitpunkt vorne und habe aber gar überhaupt nichts gesehen. Es hat dann auch etwas gedauert, bis ich eine Art Tablemountain (Südafrika) mitten in der Wüste entdeckt hatte. Unser Guide konnte sich ein breites Grinsen einfach nicht verkneifen. Es handelte sich bei dem Berg nämlich um Mount Connor, einem Tafelberg. Gehört zu den drei großen Gesteinsformationen, die es in der Gegend so gibt.

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Mount Connor, oft für Uluru gehalten

Früher dauerte es von Alice Springs zum Uluru sechs Tage über unbefestigte Straße. Es war also schon mit reichlich Aufwand verbunden. Nach fünf Tagen kommt man am Mount Connor vorbei. Und wir waren nicht die ersten Idioten, die den Berg für Uluru gehalten haben. Das muss man sich mal vorstellen. Da reisen Leute durch die Wüste. Sie nehmen viel auf sich, um einen Stein zu sehen. Sie sehen Mount Connor. Bleiben dort ein paar Tage. Und dann kommen sie zurück nach Alice Springs, ohne überhaupt am Uluru gewesen zu sein. Wie ärgerlich. Bei uns im Auto schrien dann tatsächlich noch drei andere Leute im Verlauf der nächsten halben Stunde Uluru. Und ich halte es für ein absurdes, aus den Wolken hergezogenes Gerücht, dass ich eine dieser Personen war.

Es dauerte dann noch mal eine Stunde, bis wir dann tatsächlich zum ersten Mal am Uluru waren. Meine erste Reaktion. Ernüchternd. Ein Stein eben. Relativ rund. Nicht wirklich groß. Nicht wirklich schön. Ein Stein in der Wüste. Krasse Sache. Man sieht ihn immer auf Fotos. So sieht er tatsächlich aus. Aber jetzt auch nicht wirklich umwerfend. Trotzdem habe ich mich dann der Allgemeinheit angeschlossen, um Fotos zu machen.

Am Nachmittag ging es für uns dann ins Kulturzentrum. Die meisten kennen Uluru wahrscheinlich noch unter dem Namen Ayers Rock. Kommt aber gar nicht gut, wenn man das in der Öffentlichkeit sagt. Das Land wurde inzwischen an die Aborigines zurückgegeben. Und Uluru ist ein Zeichen für die Akzeptanz und Wertschätzung der Aborigine Kultur. Uluru ist für sie einen heilige Stätte. Rund um den Stein herum gibt es überall Orte, deren Entstehung sie sich mit Geschichten versuchen zu erklären. Sie sind für sie äußerst wertvoll und empfindlich. Man darf auch keine Fotos davon machen. Es ist eine Respektsache. Genauso, wie nicht auf den Uluru hinauf zu klettern (was ohne hin nicht ungefährlich ist). Man ist halt eben zu Gast in ihrem Land. Und so sollte man sich auch verhalten. Einleuchtend, oder?

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sensitve Site, eine heilige Stätte, an der nicht Fotografiert werden sollte
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der Aufstieg zu Uluru ist geschlossen

Danach ging es zu Kata Tjuta. Keine Sorge. Von Kata Tjuta hatte ich vorher auch noch nie etwas gehört. Es gehört zu den drei großen Steinformationen und ist viel atemberaubender, als Uluru. Es ist eine Ansammlung von merkwürdigen, steilen Hügeln. Und wir sind durch die eine Schlucht gewandert.

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Kata Tjuta
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in der Schlucht
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ein Panorama, links Kata Tjuta, und rechts, das kleine Steinchen ist wahrhaftig Uluru

Sonst rege ich mich ja immer über die vielen Asiaten auf, die einem überall mit ihren Selfie Sticks in den Weg laufen. Die gibt es im Red Center natürlich auch mehr als genug. Aber was noch viel nerviger ist, sind die Fliegen. Das habe ich vorher noch nicht erlebt. Sie sind äußerst zahlreich. Und hartnäckig ohne Ende. Sie stürzen sich regelrecht auf einen. Es ist schlimmer, als in der Mensa. Anscheinend kommt da sonst nicht so oft jemand vorbei. Und dann setzten sie sich in Augen, Nasen und Ohren. Das scheint wohl besonders toll zu sein. Und sie gehen erst weg, wenn man sie berührt.

Aber auch dafür hat der Australier natürlich eine Lösung. Ein Fliegennetz über den Kopf. Es sieht ein bisschen aus, wie ein Imker. Man fühlt sich auch so. Gerade, wenn man bedenkt, dass es sich um kleine Fliegen handelt. Aber es ist einfach unglaublich nervig. Und so ein Fliegennetz macht einem die Wanderung um einiges angenehmer. Auch wenn man aussieht, wie ein Depp. Das Tolle ist ja auch, wenn man im Rudel unterwegs ist, und alle so aussehen, interessiert das keinen mehr.

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Fliegennetzt – super Erfindung

Zum Sonnenuntergang ging es dann zum Uluru. Mit Sekt natürlich. Ihr kennt wahrscheinlich alle diese typischen Postkarten Bilder vom Uluru. Wenn er so rot leuchtet. Die passiert, wenn die Sonne, kurz vorm untergehen, durch eine andere Schicht der Atmosphäre strahlt (kurz erklärt). Davon mal abgesehen, dass wir auch etwas spät dran waren, war der ganze Himmel bewölkt. Also nicht so viel mit rotem Uluru. Aber wir haben zumindest so getan, als wäre er leuchtend rot geworden.

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Sektchen zum Sonnenuntergang
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Uluru ist rot im Sonnenuntergang, zumindest fast

Am Abend habe ich dann ein neues Hobby für mich entdeckt. Der Sternenhimmel im Outback ist einfach umwerfend. Und ich habe versucht, diesen festzuhalten. Das ist einfacher gesagt, als getan. Gerade bei meiner Kamera. Aber ich habe es mal versucht. Und tatsächlich, habe ich dann auch ein paar ganz gute Schnappschüsse gemacht. Anfängerglück. Vor allem, weil ich davon natürlich auch gar keine Ahnung habe. Es war eine wunderschöne Nacht (hört sich das komisch an?). Wir saßen mit ein paar Leuten an einem Aussichtspunkt. Immer mal wieder ist man mal zu seiner Kamera gegangen, um zu checken, was die so macht. So einen Abend hatte ich bis jetzt noch nicht. So gesellig, mitten im Nichts.

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Mein erster Versuch, Sterne zu fotografieren. Uluru bei Nacht. Oben in der Mitte die vier Sterne sind das Kreuz des Südens. Da gehört eigentlich noch ein fünfter Stern zu, den sieht man aber nicht richtig.

Bis dahin war für mich Uluru immer noch ein Stein. Ein sehr großer, der durch ein großes Meer im Inneren Australiens geformt, und schließlich durch tektonische Plattenverschiebung um 90° gedreht wurde. Wir sehen im Prinzip die Spitze des Eisbergs (300m). Unter der Erde geht es noch mal mehrere Kilometer weiter. Aber es ist halt immer noch ein Stein.

Das wurde am nächsten Tag anders, als wir im Sonnenaufgang drum herum gelaufen sind. Erste Feststellung: Uluru ist nicht glatt. Er hat viele Narben und Einschläge. Zweite Feststellung: Er sieht von jeder Seite anders aus. Er ist also überhaupt nicht rund. Dritte Feststellung: es steckt ganz schön viel in diesem Stein. Wir wurden nämlich von zwei Aborigines geführt. Sie haben immer wieder was erzählt oder gezeigt. Wir konnten traditionelle Dinge probieren. Besonders angetan haben es mir die Entstehungsgeschichten von verschiedenen Besonderheiten, mit denen Aborigines zum einen versuche, Dinge zu erklären. Zum anderen aber auch wertvolle Informationen, wie Wasserstellen, von einer Generation zur nächsten weiter geben. Ich hätte ihnen Tage lang zuhören können.

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Sarah und Alice am erzählen
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Guten Morgen, Uluru!

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Grundriss von Uluru – nein, der Stein ist nicht rund
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listening to Uluru, manchmal hilft es, auf vorherige Generationen zu hören
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ich hätte niemals gedacht, das die Umrundung Ulurus so vielseitig sein kann. Und dass es dort Wasser gibt

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Das Outback hat auch mehr zu bieten, als man sich vorstellt. Besonders faszinierend fand ich den Kings Canyon. Er sieht ein wenig aus, wie der Grand Canyon. Ein wenig kleiner vielleicht. Aber man fühlt sich schon, wie in Amerika. Vor allem, wenn man vorher eine Herde Wildpferde vorbei rennen sieht. Wir sind einmal oben auf dem Canyon entlang gelaufen. Das dauert drei Stunden, und ist super heiß. Aber es war es absolut wert. Kann ich nicht anders sagen. Alleine der Sonnenaufgang war so beeindruckend. Es war wirklich das Highlight des Outbacks. Verrückt, dass alle wegen Uluru ins Outback kommen und dann der Kings Canyon gehörig die Show stiehlt.

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Guten Morgen, Kings Canyon!
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Morgenstund hat Gold im Mund, sagte schon meine Oma. Es ist ungefähr viertel nach sechs auf diesem Bild
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Sonnenaufgang am Kings Canyon

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Garden of Eden, total verrückt. Mitten in der Wüste im Canyon eine Oase

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total faszinierende Farben der Sedimentsschichten

Dann ging es für uns zurück. Drei Tage, 1500 Straßenkilometer haben wir zurückgelegt. Dabei viel gesehen und auf jeden Fall zu wenig geschlafen. Nach drei Tagen Turbo Outback Tour kann ich sagen, dass mich dieser Teil Australiens am meisten fasziniert hat. Die vielen Tiere (Schlangen, Skorpione, Warane, Pferde, Kamele) in einem so lebensfernen Umfeld.

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kleines Skorpiönchen
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und eine Babyschlange, gefunden in unserem Zelt
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Eine ganz amüsante Geschichte. Da oben in der Mitte sitzt ein kleiner Plüsch Koala, den man in jedem Souvenier Shop kaufen kann. Gavin, unser Guide (links) hatte große Freude, uns zu erzählen, dies seinen Dropbears. Extrem seltene, aber gefährliche Koala Bären. Darauf hin meinte die Frau mit dem blauen T-Shirt, ob die Bären denn noch klein wären. Gavin meinte, nein die würden so groß bleiben, voll ausgewachsen. Sie bewegen sich nämlich nicht so viel. Auf dem anderen Ast hätte ein Drop Bear für 1,5 Jahre gesessen. Daraufhin fragte die Frau unten in der Mitte hinten, ob die denn tot wären. In diesem Moment hat sich unsere gesamte Reisegruppe fast vor Lachen vom Canyon gestürzt. Gerade, weil er ganz am Anfang erzählt hat, dass die Bären aus Taiwan importiert sein. Erst am nächsten Tag auf dem Rückweg haben sie dann den Witz verstanden, als es ihnen erklärt wurde.

Die gesamte Kultur, die man erst beim zweiten Mal hinsehen erkennt. Das Outback hat mich wirklich in seinen Bann gezogen. Durch seine Andersartigkeit.

Eure faszinierte Johanna

Jpeg


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