Christchruch – die Phoenixstadt

Hallo ihr Lieben,

ich weiß, in letzter Zeit war ich etwas, sagen wir mal, inaktiv. Das lag vor allem daran, dass ich im Auto unterwegs war. Drei Wochen Roadtrip über die Südinsel Neuseelands. Es hat sich Einiges getan. So viel kann ich sagen. In den kommenden Tagen werde ich wahrscheinlich die ein oder andere Zusammenfassung unseres Roadtrips hochladen.

Aber jetzt geht es erstmal um Christchurch. Von Auckland auf der Nordinsel, Neuseelands größter Stadt, ging es für mich nach Christchurch auf der Südinsel. Dort habe ich ein paar Tage verbracht, bevor ich Besuch aus Deutschland bekommen habe. Julian, ein Schulfreund von mir, ist nach Neuseeland gekommen, um mit mir drei Wochen die Südinsel unsicher zu machen. Wir waren in einem kleinen Camper unterwegs. Jetzt bin ich wieder in Christchurch.

Irgendwie bleibt diese Stadt für meine eine Faszination. Ich kam hier an, und was stelle ich fest? Es ist Herbst und es gibt Kastanien! Und das reichlich. Nach endlosen Stränden und Hitze ist etwas Einfaches, wie eine Kastanie wirklich etwas Besonderes. Es erinnert mich unheimlich an Zuhause. Und macht mich glücklich. Es ist wie in Deutschland! So kommt es, dass ich hier Kastanien in den Händen rollend durch die Gegend laufe, und grinse wie eine Mischung aus einem Kind und schlecht gemachtem Falschgeld. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich das vermisst habe. Etwas kühleres Wetter, bunt gefärbte Bäume. Ein frischer Wind und das Rascheln von Laub. Es ist verrückt, wie glücklich das einen machen kann.

Als ich in die Stadt kam, war ich etwas erstaunt. Jeder hat schon mal was von Christchurch gehört. Es ist nicht so wie Sydney. Aber irgendwie kennt man den Namen. Was aber die Wenigsten wissen: hier gab es vor fünf Jahren eine Serie schlimmer Erdbeben. Neuseeland liegt auf einem plattentektonisch höchst aktiven Gebiet. Und zuletzt hat es leider Christchurch getroffen. Und zwar heftig. Die Spuren sieht man immer noch. Nach fünf ganzen Jahren. Überall sind Ruinen, Schuttflächen oder Baustellen. Es ist nicht so, wie auf Fiji, wo man einem Monat nach dem Zyklon nichts mehr sieht. Das Erdbeben hat tiefe Wunden hinterlassen. Bis diese zu Narben werden, dauert es noch lange. Oft gibt es Probleme mit Versicherungen und Geld. Alles zieht sich in die Länge.

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solche Trümmerhaufen findet man überall in der Stadt
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die Kathedrale. Sie steht immer noch als Ruine in der Mitte der Stadt
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es gibt auch Bars in Containern, im Hintergrund sieht man die Baukräne, die es hier in Massen gibt

 

Ich war also anfangs durchaus schockiert über den Zustand der Stadt. Ich habe damit einfach nicht gerechnet. Trotzdem fühle ich mich hier total wohl und geborgen. Die Stadt ist nicht wirklich groß. Man hat einen guten Überblick. Und ich mag den Zustand, in dem Christchurch im Moment ist. Das Erdbeben hat viel kaputt gemacht. Es hat viel zerstört. Gleichzeitig ist dadurch aber auch viel Platz entstanden, für Neues. Man findet in Christchurch kein einziges Parkhaus. Viele Schotterflächen wurden einfach in Parkplätze umgewandelt. Aber Besonders an dieser Stadt sind eigentlich die vielen auch temporären Kunstprojekte.

Nach einer solchen Katastrophe gibt es tatsächlich Menschen, die aufstehen und eine Idee haben. Ideen, was man mit dem neu „gewonnenen“ Platz anfangen könnte. Ideen, wie man den Menschen etwas Gutes tun könnte. Ideen, die Christchurch weiter bringen. Ideen, die wie kleine Blumen Farbe in das Grau bringen.

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die Kunstgalerie mit dem ermutigendem Spruch „everything is going to be alright“

So gibt es zum Beispiel die Commons. Dies ist ein großer Platz, auf dem jeder Willkommen ist. Es gibt verschiedene Einrichtungen. Eine kleine Hütte mit Werkzeug, in der jeder sein Fahrrad reparieren kann und dabei Hilfe bekommt. Ein Klavier. Ein Pflanzenaustausch. Eine Minigolfanlage. Spiele für Groß und Klein. Oft sind dort auch Essenswagen von zerstörten Restaurants zu finden. Und Musiker. Die Atmosphäre ist so herrlich. So optimistisch. Alles ist so bunt. Die Stadt lebt. Die Menschen wollen Leben. Und man steht direkt zwischen Trümmern und Baustellen. Aber die Menschen lassen sich ihren Teil nicht nehmen, das Leben zu genießen. Noch nie vorher habe ich das so gemerkt. Auf diesem Platz habe ich den Großteil meiner Zeit verbracht. Die Sonne genossen, Leute beobachtet, diverses Spielzeug ausprobiert. Hier wird jeder nochmal zum Kind.

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die Commons

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Projekte wie dieses gibt es überall in der Stadt. Es gibt einen Dance-o-Mat. Eine Tanzfläche mit einer Stereoanlage, die für 2$ für eine halbe Stunde Musik spielt. Der Grund war die hohe Nachfrage nach einer Tanzmöglichkeit nachdem sämtliche Bars und Klubs zerstört wurden.

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der Dance-o-Mat, aus Mangel an öffentlichen Tanzflächen entstanden

Es gibt den Klanggarten. Hier werden sämtliche Materialien zu Musikinstrumenten gemacht. Flipflops, alte Feuerlöscher, Rohre, Tonnen. Eben alles, was man gerade so finden konnte. Es gibt eine Mall, die aus Containern besteht, nach dem die alte Mall eine Ruine wurde.

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der Klanggarten
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hier wird alles zum Musikinstrument
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die Re:Start Container Mall

Überall in der Stadt gibt es Kunst, kleine Gärten und kleine Dinge, die einen den Alltag erhellen. Sie heißen Gap Filler, Lückenfüller. Ich finde sie wunderbar. Man sieht sie überall. Man muss nur die Augen offen halten und sich darauf einlassen. Sie machen die Stadt unheimlich interessant. Es zeigt, dass es immer weiter geht. Und, dass es nicht immer schlecht ist, wenn etwas Altes, Bewährtes Christchurch ist auch viel innovativer und kreativer geworden. Viele veraltete Strukturen können nun ersetzt werden. Es zeigt, dass es auch gute Seiten hat, wenn etwas Altes, vielleicht auch Bewehrtes kaputt geht. Denn es schafft Platz für Neues. Es gibt Dingen neuen Dingen eine wohl verdiente Chance. Es gibt Dingen Luft zum Leben, die sonst unter der Stadt einfach erstickt sind.

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überall findet man Kunst
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doch die Trümmer erschaffen auch Platz für Neues
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die New Regent Street – eine neu erbaute Fußgängerzone. Hier findet man die Weltbesten Cookies!
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Auch Julian stimmt zu! Die Besten Cookies der Welt!

Ich finde, wir alle könnten uns an Christchurch ein Beispiel nehmen. Dingen Platz geben, für die wir sonst in einem verbauten Umfeld niemals einen Zentimeter einräumen würden. Doch es tut uns gut. Es gibt Aufschwung und macht das Leben schöner. Egal, wie klein es ist.

Also ihr Lieben, macht es gut und lasst kleine bunte Sachen in euer Leben!


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