Meine Welt steht Kopf – mein erstes Resumee nach einem Monat Down Under

Ich bin seit gestern genau einen Monat in Australien. Dies habe ich als Anlass genommen, mal über das bisherige Erlebte hier nachzudenken.IMG_20150922_171607

Überall trifft man sie hier, mehr oder weniger junge Menschen, die mit ihrem Rucksack durch Australien unterwegs sind. Doch alle sind unterschiedlich, genauso wie ihre Erfahrungen und Geschichten. Ich liebe es, mir diese Geschichten alle anzuhören. Es ist jedes Mal wie ein gutes Buch, in das man eintaucht. Oft merke ich dann gar nicht, wie die Zeit vergeht. Es fasziniert mich, was andere hier schon erlebt haben. Ich fiebere immer regelrecht mit. Und die meisten Geschichten sind noch lange nicht zu Ende. Sie werden weiter geschrieben, mit jedem Tag. Und alle haben etwas gemeinsam: sie würden so niemals Zuhause passieren.

Vor allem die Unvorhersehbarkeit und plötzliche Wendungen faszinieren mich. Menschen treffen Entscheidungen mit einem Mut und einer Entschlossenheit, die mich wirklich staunen lassen. Bestes Beispiel: Mitch.

Mitch ist Engländer, mit nigerianischen Wurzeln. Er ist inzwischen 29. Zuhause hat er alles verkauft oder verschenkt, was in seinem Besitz war. Alles, was ihm gehört wiegt jetzt noch 10,4 kg. Er ist IT Experte und hat seinen Job geschmissen.
Seit 9 Monaten ist er jetzt unterwegs. Sein erstes Ziel war Asien. In Australien ist er jetzt seit drei Wochen. Wie das bei typischen Backpackern eben vorkommt, ist Mitch pleite. Er hat in Brisbane halbherzig nach einem Job gesucht, ohne Erfolg. Tief innen drin wollte er nicht hier bleiben. Das merkt man Menschen sofort an. Dienstagabend hat er jemanden getroffen, der am Nächsten Tag nach Cairns aufbricht mit seinem Auto. Mitch hat sich entschlossen, mitzukommen. Mit ganzen 17 Dollar auf seinem Konto. Aber, die Lage ist nicht so aussichtslos, wie sie scheint, hat Mitch mir erklärt. Er habe nämlich noch 3kg Nudeln, eine Packung Toast und Marmelade. Na wenn das so ist, dann ist ja gut. Von einem Freund, den er in Thailand kennen gelernt hat, der einen Nachbar hat mit einem Arbeitskollegen, deren Schwester (oder so ähnlich) Kontakt nach Melbourne hat, weiß er, dass dort ab November auf einer Farm Leute gesucht werden. Mitch sieht dies als einen festen Job an, den er sicher hat. Ahja, gut.

Auf die Frage hin, wann er nach England zurückkehrt, hat er nur mit einem Lachen reagiert. Ich denke nicht, dass er jemals zurückkehren wird. Alles, was ihm wichtig ist, trägt er auf seinem Rücken und in seinem Herzen. Was er sonst noch braucht, findet er auf seiner Reise. Nämlich Freiheit.

Das war jetzt nur ein Beispiel. Aber kein ungewöhnliches. Mein Lebensstil ist komplett anders. Ich lebe in einem wunderschönen Appartement, habe einen Job, bin nicht pleite, plane meine Ausflüge sorgfältig. Und über kurz oder lang werde ich immer nach Deutschland zurückkehren, das weiß ich. Trotzdem inspirieren mich solche Geschichten. Es zeigt mir, was alles möglich ist. Dass man keine Angst haben braucht. Sondern nur etwas Mut und Flexibilität.

Mit dreckigen Hostels, unbequemen Betten, gefühlt tausenden Menschen im Zimmer und kalten Duschen habe ich kein Problem. Aber ich weiß, dass ich nicht von Tag zu Tag leben kann, ohne zu wissen, ob ich mir überhaupt ein Bett leisten kann. Ich bin davon überzeugt, dass Mitch sicherlich schon viel erlebt hat, das er mit mehr Geld nicht erlebt hat. Ich weiß auch, dass man hier ohne Geld auskommen kann. Muss ich aber nicht haben. Ich brauche Sicherheit. Das weiß ich inzwischen auch.

Ich bin so zu sagen der totale Spießer unter den Backpackern. Aber wie heißt es so schön in der Werbung? „Wenn ich groß bin, möchte ich auch mal Spießer werden!“

Also, Liebe Grüße von eurem Spießer-Backpacker!


Ein Gedanke zu “Meine Welt steht Kopf – mein erstes Resumee nach einem Monat Down Under

  1. Liebe Johanna, schreib fleißig weiter. Ich lese deinen Blog so gern! Hab noch eine wunderschöne Zeit! Fühl dich ebenfalls gedrückt, deine Jenny.

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